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V 6 34 Kap 52

( 51. .. nicht einfach ..) 2.

oder die Ehre zu lieben, und niemand fiele es ein, das in einem Atem zu sagen nennen , wenn man nicht gewohnt wäre, es alle Tage zu tun. Andere Beispiele und Gewohnheiten Spielarten dessen, was tausend und eins, und doch ein dasselbe ist, lassen sich mit den Worten anreden: Die Flasche, den Tabak und noch schlimmere Gifte zu lieben. Den Spinat und die Bewegung in freier Luft. Den Sport oder den Geist. Die Wahrheit. Die Frau, das Kind, den Hund. Sie ergänzten es, die darüber sprachen: Gott. Die Schönheit, das Vaterland und das Geld. Die Natur, den Freund, den Beruf und das Leben. Die Freiheit. Den Erfolg, die Macht, die Gerechtigkeit oder schlechthin die Tugend. Alles das liebt man; und kurz, es wird fast ebenso vieles mit Liebe verbunden, als es Strebens= und Redensarten gibt. Was ist aber die Unterscheidung und was die Gemeinsamkeit der Lieben?

Vielleicht ist es dienlich, an das Wort Gabeln zu erinnern. Es gibt Eß=, Mist=, Ast=, Gewehr=, Weg=, und andere Gabeln; und allen diesen ist ein bildendes Merkmal „Gabeligsein" gemeinsam. Es ist die Grundeigenschaft und das Grunde das entscheidende E rlebnis, das Gegabelte , die Gestalt der Gabel an an den höchst verschiedenen Dingen, die Gabel so heißen. Kommt man von diesen, so erweist sich dadurch, an ihm, daß sie alle unter den selben Begriff Gabel gehören; geht man vom anfänglichen Eindruck des Gabeligseins aus, so zeigt sich, daß er durch die Eindrücke der verschiedenen bestimmten Gabeln ausgefüllt und ergänzt wird. Das Gemeinsame ist also deren eine Form oder Gestalt, und das Unterschiedliche liegt zunächst an den Formen, die ihr möglich sind, mannigfaltigen Formen, in denen die sie erkannt wird, haben annehmen kann; sodann aber auch an den Gegenständen, die eine solche Form annehmen haben , an ihrem Stoff, Zweck und dergleichen. Aber während wogegen derweil sich jede Gabel mit jeder unmittelbar vergleichen läßt, und sinnlich gegeben ist, wäre es auch nur in einem Kreidestrich oder in der Vorstellung, verhält es sich nicht so mit den verschiedenen Gestalten der Liebe; und der ganze Nutzen des Beispiels schränkt sich auf die Frage ein, ob es nicht doch auch da, entsprechend dem Gabeligsein der Gabeln, ein Haupterlebnis, etwas Liebeliges, Liebseiendes und Liebeartiges also , in allen Fällen gebe. Denn Aber die Liebe ist kein Gegenstand sinnlicher Erkenntnis, daß sie mit einem Blick, oder denn auch mit einem Gefühl, zu erfassen wäre, sondern ist ein moralisches Ereignis, wie es vorsätzlicher Mord, Gerechtigkeit oder Verachtung sind; und das hat unter anderem zu bedeuten, daß eine vielfach abbiegende und mannigfach gestützte Kette von Vergleichen zwischen ihren Beispielen möglich ist, deren entferntere einander völlig ganz unähnlich sein können , ja bis zum Gegensatz voneinander verschieden sein können , und doch durch einen solchen vom einen ans andere anklingenden Zusammenhang verbunden sind werden . Vo m Gefühl n der Liebe handelnd, läßt sich also von der Liebe so gar bis zum Haß gelangen; und doch ist nicht etwa die vielberufene „Ambivalenz" davon die Ursache, die Gespaltenheit des Fühlens, sondern gerade die volle Ganz heit heit des Lebens.