Erläuterung

Erstausgabe (EA)

Das Druckmanuskript und die Druckfahnen des Erstdrucks bei Rowohlt sind beim Verlag geblieben und im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen. Die einzige Neuauflage zu Musils Lebzeiten, die Ausgabe von 1938 bei Bermann Fischer in Wien, ist ein satzidenter Nachdruck.


Musils Handexemplar (HE)

Das Handexemplar Musils – es befindet sich heute zusammen mit dem Manuskriptnachlass in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien – enthält auf 104 Seiten 147 handschriftliche Eintragungen des Autors. Einem kleineren Teil davon kann eine eindeutige Korrekturabsicht im Hinblick auf eine spätere Ausgabe zugeordnet werden; dazu zählen offensichtliche Druckfehler. Eine zweite Gruppe von Eingriffen bilden als Alternativvarianten zu bewertende handschriftliche Glossierungen; hier ist die Absicht zur Korrektur nicht eindeutig festzustellen, da die Streichung des zu korrigierenden Drucktextes fehlt. Sie betreffen zu einem großen Teil den Gebrauch des Konjunktivs. Tatsächlich befinden sich im Handexemplar neben 313 Stellen mit dem Wort »würde« gezählte 106 Anstreichungen am Rand. Diese Gruppe von Varianten ist hinsichtlich ihrer editorischen Konsequenzen schwer einzuschätzen. Das von Musil verwendete Zeichen kann als v oder als ✓ gelesen werden, als v[erte] (= ändere!), v[idi] (= ich habe es gesehen, vorgemerkt) oder als Haken (= ist doch korrekt).


Rowohlt-Ausgabe (RA)

In der Rowohlt-Ausgabe von 1952 bereinigte Frisé nicht nur Druckfehler (allerdings unvollständig), sondern er fügte neue hinzu; und er schoss bei seinen Verbesserungsbestrebungen weit über das Ziel hinaus, indem er »Austriazismen«, Musils »eigenwillige Diktion« und »oft unorthodoxe […] Zeichensetzung« auszubessern suchte (Frisé 1978, S. 2041) sowie die Markierungen des Handexemplars im Fall des »würde«-Konjunktivs vielfach umsetzte. In der Ausgabe von 1978 sind die verbliebenen Druckfehler eliminiert, und es erfolgt eine Rücknahme der »Verbesserungen« am Erstdruck. Allerdings bleibt Varianz zu diesem bestehen, weil Frisé eindeutige Korrekturen Musils (7 Fälle) und »Alternativvarianten« sowie »erwogene Varianten« aus dem Handexemplar berücksichtigte, die er für eindeutig genug hielt (15 Fälle), und an »Abweichungen gegenüber der heutigen Schreibweise« festhielt (62 Fälle). Zusätzlich produziert die letzte Rowohlt-Ausgabe neue Varianz zum Erstdruck, ohne dass Frisé dies in seinem kursorischen und lakonischen Anmerkungsapparat dokumentiert hätte (74 Stellen).


Klagenfurter Ausgabe (KA)

Der Lesetext der digitalen Klagenfurter Ausgabe (2009) ist auf der Basis des Erstdrucks erstellt worden; die Druck- und Schreibfehler sind bereinigt, das Handexemplar ist berücksichtigt; auch die Frisé-Varianten sind in Anmerkungsfenstern nachgewiesen.


Variantendarstellung auf MUSIL ONLINE

Die Variantendarstellung in MUSIL ONLINE bildet nicht nur die Unentschiedenheit Musils ab, sondern auch die seiner bisherigen Herausgeber. Es existieren folgende Variantentypen:

  • Korrekturen und als Text formulierte Alternativvarianten im Handexemplar (25 Fälle)
  • Anstreichungen im Handexemplar ohne Textvorschlag des Autors (104 Fälle)
  • Veränderungen am Text des Erstdrucks in der Rowohlt-Ausgabe, Druckfehler und andere, nicht dokumentierte Abänderungen (77 Fälle)
  • Veränderungen am Text des Erstdrucks in der Rowohlt-Ausgabe, Druckfehler und andere, nicht dokumentierte Abänderungen (77 Fälle)

Im Internetportal MUSIL ONLINE ist die gesamte Varianz nachgewiesen; es werden dort alle Abweichungen zum Erstdruck, zu den Rowohlt-Ausgaben und zur Klagenfurter Ausgabe lückenlos dargestellt. Damit haben die Userinnen und User erstmalig die Möglichkeit, nicht nur den »richtigen« Text des Mann ohne Eigenschaften zu lesen, sondern sich über das Zustandekommen der Berichtigung und ihre Richtigkeit zu informieren.