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liebe und einwärts schauende Nachsicht gleichsam wie Honig ausschwitzend. Auch nicht der Abwandlung, daß die Menschen ihren guten Willen zeigten, der sie zwar niemals hindert, Schlechtes zu tun, aber an solchen Tagen wunderbarerweise aus dem bösen Willen, der sie zumeist beherrscht, unverseh ens rt hervorkommt wie Jonas aus dem Fischbauch. Und gewiß hätten glaubten sie beide auch nicht der allerkürzesten und schön berauschend sten, von Agathe noch einmal schüchtern gestreiften, Erklärung, daß es d er as unsterbliche Teil Erbteil sei, was zuweilen durch das Sterbliche schimmere. Übrigens war es allen diesen feierlichen Eingebungen gemeinsam, daß sie das Heil des Menschen in einem Zustand suchten, der zwischen den unwesenhaften gewöhnlichen Zuständen nicht zur Geltung kommt; und wie seine Ahnung ein deutlich nach oben gerichteter Vorgang ist, so gibt es auch eine zweite zu erwähnende, nicht weniger reichhaltige Gruppe von Selbsttäuschungen, bei denen sich dieser Vorgang ebenso deutlich nach unten richtet: Es sind alle die bekannten, manch liebes Mal sogar in die Geschichte eingegangenen Bekenntnisse und Verkündigungen, wonach der Mensch die Unschuld eines Naturdaseins, seine natürliche Unschuld, durch geistigen Hochmut und anderes Unglück der Zivilisation verloren haben soll.

Es ließen sich also zwei „wahre Menschen" finden, die sich dem Gemüt bei der gleichen selben Gelegenheit aufs pünktlichste verstellen angetragen werden ; doch befanden sie sich - insofern als der eine himmlischer Übermensch, der andere unangefochtene Kreatur sein sollte - zu den entgegengesetzten Seiten des wirklichen Menschen, und Ulrich sagte trocken: „Gemeinsam ist ihnen bloß, daß sich der wirkliche Mensch auch in gehobenen Augenblicken nicht als der wahre erscheint, es wäre denn in besonderen Augenblicken, und dann plus oder minus etwas, durch das er sich bezaubernd unwirklich vorkommt!"

Aber damit Nun waren die Geschwister damit also von einem Grenzfall der Auslegung zum ander e n gelangt, und es blieb als letzte nur noch eine letzte Möglichkeit über, sich diese so so sanfte, so ohne u U nterschied slos alles verbindende Liebe zu erklären, die wie ein tauiger Morgen war. Agathe sprach denn auch diese Möglichkeit seufzend aus, mit anmutigem Ärger seufzend aus seufzend . „So scheint denn die Sonne, und man gerät in einen unbewußten Drang wie ein Schulmädel oder und ein Schulbub!" Sie möchten die Welt umschlingen, und wissen nicht warum!" Ulrich ergänzte es auf seine Weise : „Im Sonnenschein dehnen sich die sozialen Instinkte Bedürfnisse aus wie das Quecksilber in der Röhre, und auf Kosten der egoistischen, die ihnen sonst die Wage halten!" Bruder und Schwester waren nun des Fühlens müde;